Wieviel Hygiene ist sinnvoll auch in Zeiten von Corona?

Dank Corona findet zur Zeit die expopharm impuls online statt, sodass ich ganz bequem von zu Hause den interessanten Vorträgen zu apothekenrelevanten Themen zuhören konnte. Ein Thema fand ich besonders spannend und zwar:

Wie wirkt sich Hygiene auf das Mikrobiom aus und was für Folgen resultieren daraus?

Der Begriff „Mikrobiom“ wurde von dem Nobelpreisträger der Medizin Joshua Lederberg in Anlehnung an das Humangenomprojekt geprägt. Primär gehören dazu die Bakterien des Darms, aber auch von Haut, Urogenitaltrakt, Mund, Rachen und Nase. Lederberg erkannte, dass die Mikroflora ein Teil des menschlichen Stoffwechselsystems ist. 

Das Mikrobiom steht ständig in engem Austausch mit uns Mensch. Es ist quasi ein großer Teil unseres Immunsystem. Dabei spielt die Diversität, also möglichst viele unterschiedliche Bakterienarten, eine wichtige Rolle, denn die unterschiedlichen Arten kommunizieren miteinander und bilden Stoffwechselabfallprodukte, die unsere Darmschleimhaut vor dem Eindringen von Krankheitserregern schützen. Das Mikrobiom bildet also ein Schutzschild und das gilt nicht nur für den Darm, sondern auch für die Schleimhäute in Mund, Nase und Urogenitaltrakt und für unsere Haut. Mittlerweile bezeichnet man das Mikrobiom als ein eigenständiges Organ.

Was greift im Laufe eines Lebens die Diversität des Mikrobioms an?

Medikamente, an der Spitze das Antibiotikum, aber auch Dauermedikamente wie Antidiabetika oder Cortisone, um nur ein paar zu nennen, verändern die Diversität. Aber leider auch unserer Nahrung, denn in der Landwirtschaft werden Antibiotika und Dünger eingesetzt, die wir über die Nahrung aufnehmen. Sehr einseitige, fleischlastige Ernährung hat ebenfalls einen negativen Einfluss. Übertriebene Hygiene zerstört die Diversität und kann den empfindlichen Säureschutzmantel der Haut und Schleimhaut stören.

Was sind die Folgen eines gestörten Mikrobioms?

Folgen können sein:

  • Verdauungsprobleme
  • Reizdarmsyndrom
  • chronische Darmentzündungen
  • Allergien
  • starkes Übergewicht, Diabetes mellitus
  • Neurodermitis, Psoriasis, Juckreiz
  • Depressionen

Tja, aber was ist jetzt sinnvoll? Wie kannst du für ein gesundes Mikrobiom sorgen?

Mit dem Essen beeinflusst du mehrmals täglich dein Mikrobiom günstig oder nicht, also hast du hier einen großen Einfluss. Mit pflanzlicher, faserreicher, ballaststoffreicher, wenig verarbeiteter Nahrung kannst du deine ‚Mitbewohner‘ bei Laune halten und die Mikroben danken es dir mit kurzkettigen Fettsäuren, die so wichtig sind für eine funktionierende Darmschleimhaut bzw für einen gesunden Säureschutzmantel.

Sinnvoller Einsatz eines Antibiotikums. Antibiotika ist Fluch und Segen zugleich. Sehr wichtig bei bestimmten bakteriellen Infektionen, bei viralen Infektionen aber eher nicht hilfreich. Hinterfrage mit Hilfe deines Arztes selber den Nutzen, dann kannst du vielleicht das ein oder andere Antibiotikum vermeiden. Und wenn es dann doch notwendig ist, schütze deinen Darm mit Hilfe von lebensfähigen Bakterienstämme und nehme spätestens nach der Antibiotikatherapie ein Probiotikum ein.

Wieviel Hygiene ist sinnvoll?

Hygiene sinnvoll betreiben. Händewaschen UND Desinfektionsmittel belastet die Haut zu sehr. Entweder das eine oder das andere benutzen, bitte. Kinderhände brauchen nur Wasser und Seife, außerdem sollten wir unsere Kinder vor einer ’sterilen Welt‘ bewahren. Sie brauchen ein gesundes Maß an Dreck, um ihr Mikrobiom zu trainieren und um ein möglichst langes beschwerdefreies Leben zu führen.

Leider gibt es Personengruppen, die besonders auf Hygiene, Abstand und ein gutes Abwehrsystem achten müssen. Für diese Betroffenen ist eine gesunde Ernährung besonders wichtig, um damit ein gesundes und diverses Mikrobiom zu pflegen. 

Pass gut auf dich und andere auf!

Quelle: Ärzteblatt, Zeit online, expopharm-impuls, Prof. Thomas G. Bosch